Der Medicus

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Noah Gordon

Der Medicus Roman Aus dem Amerikanische übersetzt Von Willy Thaler

Knaur

Von Noah Gordon sind außerdem als Knaur-Taschenbücher erhältlich: »Der Rabbi« (Band 1546) »Die Klinik« (Band 1568)

Vollständige Taschenbuchausgabe April 1990 Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München © 1987 Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Titel der Originalausgabe »The Physician« Copyright © 1986 by Noah Gordon Published by Simon and Schuster, New York, USA Umschlaggestaltung Adolf Bachmann Umschlagillustration Wendell Minor Druck und Bindung Elsnderdruck Berlin Printed in Germany 5 ISBN 3-426-02955-3

In Liebe Nina gewidmet, die mir Lorraine geschenkt hat

Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gehört allen Menschen zu. Der Prediger Salomo 12.13 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin. Der Psalter 139.14 Was die Toten betrifft, Gott wird sie wieder erwecken. Koran S. 6.36 Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Matthäus 9.12

Erster Teil

Der Gehilfe des Baders

Der Teufel in London Es waren Robs letzte, ruhige Augenblicke seliger Unwissenheit, doch in seiner Einfalt empfand er es als unbillig, dass er mit seinen Brüdern und seiner Schwester zu Hause bleiben musste. Es war Frühlingsbeginn, und die Sonne stand so tief, dass ihre wärmenden Strahlen unter das vorstehende Strohdach drangen. Rob rekelte sich auf dem unebenen, steinernen Vorplatz neben der Haustür und genoss die Behaglichkeit. Eine Frau bahnte sich vorsichtig einen Weg auf der mit Löchern übersäten Carpenter's Street. Die Straße war genauso reparaturbedürftig wie die meisten kleinen Arbeiterhäuser, die sie säumten. Handwerker, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten, dass sie für Reichere und vom Glück Begünstigtere solide Häuser bauten, hatten sie ohne jede Sorgfalt gebaut. Rob enthülste seinen Korb Früherbsen und behielt dabei die jüngeren Geschwister im Auge, für die er verantwortlich war, wenn Mam außer Haus war. Der sechsjährige William Stewart und die vierjährige Anne Mary wühlten neben dem Haus im Schmutz und kicherten beim Spielen. Der achtzehn Monate alte Jonathan Carter lag auf einem Lammfell und schmatzte, rülpste und gluckste zufrieden. Der siebenjährige Samuel Edward war Rob entwischt. Irgendwie gelang es dem schlauen Samuel immer, sich aus dem Staub zu machen, statt bei der Arbeit zu helfen, und Rob hielt verärgert nach ihm Ausschau. Dann bemerkte er die Frau, die auf ihn zukam. Stäbchen in ihrem schmutzigen Mieder drückten ihren Busen hoch, so dass man manchmal, wenn sie sich bewegte, eine rotgeschminkte Brustwarze sehen konnte. Ihr fleischiges Gesicht war grell geschminkt. Rob war erst neun Jahre alt, aber als Londoner Kind erkannte er eine Dirne sofort. »Du da! Ist das Nathanael Coles Haus?« Er sah sie abweisend an, denn es war nicht das erste Mal, dass eine Hure an ihre Tür klopfte und seinen Vater suchte. »Wer will das wissen?« fragte er grob. Er war froh, dass sein Pa fort war, um Arbeit zu suchen, so dass sie ihn verpasste, froh auch, dass seine Ma ihre Stickarbeit ablieferte und ihr damit die peinliche Begegnung erspart blieb. »Seine Frau braucht ihn. Sie hat mich geschickt.« »Was meinst du mit >sie braucht ihn